Initiativen zur Rettung von Lebensmittel – „on.perfekt“

Lebensmittelreste fallen bei uns allen an. Aber wie verhindern wir das? Um die Lebensmittelreste zu minimieren und die noch produzierten Reste am besten zu verwerten, haben wir mit verschiedenen Initiativen gesprochen, die Lebensmittelreste verwerten.

In diesem Blogbeitrag wird die Initiative „on.perfekt“ etwas genauer angeschaut. on.perfekt ist eine Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Lebensmittel, die normalerweise aussortiert werden in den Handel zu bringen. Das Gemüse ist zu klein, zu groß oder hat eine ungewünschte Form und wird aus diesem Grund nicht in den Lebensmittelgeschäften angeboten. Dieses Gemüse kann in der on.perfekt Buttek in Marnach oder über einen Gemüsekorb gekauft werden. Über diesen Weg sollen Lebensmittelverluste verringert werden.

Der Anfang der Initiative wurde 2020 gemacht. Seitdem setzen sie sich mit dem Thema Foodwaste in Luxemburg auseinander. Sie stellten schnell fest, dass viele Lebensmittel es nicht bis in das Regal des Supermarkts schafft. Bereits im Vorfeld wird viel Gemüse durch ihr Aussehen aussortiert. Nicht nur das beschäftigt sie, sondern auch das voreileige Wegwerfen der Produkte von uns Konsumenten. On.perfekt möchte dort mit ihrem Motto „eng 2. Chance fir eis Liewensmettel“ versuchen entgegen zu wirken. Sie klären über die Haltbarkeit von Lebensmitteln auf und geben Tipps was mit Restgemüse oder Saisongemüse gemacht werden kann, zum Beispiel über das Erstellen von Rezepten. 2021 war die offizielle Gründung des Vereins. Seitdem sind sie stetig am Wachsen.

Interview mit on.perfekt

Ihre Initiative

Wie werden Personen auf Sie aufmerksam?

Wir haben Anfang 2022 eine Crowdfunding Kampagne erfolgreich abgeschlossen, das hat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Wir nutzen auch seitdem vorwiegend die Sozialen Medien, um auf unser Projekt aufmerksam zu machen. Artikel, Podcasts und Interviews in sonstigen Medien helfen uns auch dabei, unsere Reichweite zu vergrößern. Des Weiteren erlaubt unsere Unternehmensstruktur der Kooperative uns, viele Menschen ins Projekt mit einzubinden, was wiederum zu erhöhter Aufmerksamkeit führt! Neue Mitglieder sind willkommen!

Woher beziehen Sie die Lebensmittel?

Wir stehen in enger Zusammenarbeit mit der Luxemburger Landwirtschaft und sind im ständigen Austausch, um bestens auf die aktuellen Gegebenheiten des Marktes zu reagieren. Wir bieten zum Großteil regionale und saisonale Ware an. Schau gerne auf unserer Website vorbei, um dir einen Überblick über unsere Partner zu verschaffen.

Neben dieser Ware – frisch vom Feld – arbeiten wir auch mit dem Gross- und Einzelhandel zusammen, um überschüssige Lagerware abzufangen. Bei uns zählt: Die Nachfrage folgt dem Angebot und so gibt es kein festes Sortiment in unserem Laden!

Wie verarbeiten Sie die Lebensmittel, das Ihnen zu Verfügung gestellt wird?

Zurzeit haben wir 2 Vertriebskanäle geschaffen, unseren Laden und die Dienstleistung der Hauslieferung. Bei uns kannst Du Gemüsekisten im 6er oder 12er Abo kaufen und diese wöchentlich online bestellen.
Die Verarbeitung der Ware ist dann dem Käufer überlassen! Allerdings haben wir auch schon vereinzelt Lebensmittel verarbeiten lassen, vor allem als Aufstrich, diese Produkte findest Du dann bei uns im Laden.

 

Gesellschaftliche Entwicklung

Wie sehen Sie die gesellschaftliche Entwicklung in Bezug auf den Lebensmittelkonsum in den nächsten 10 Jahren?

Der Informationszugang ist mehr als je zuvor gegeben, jedoch fehlt oft der direkte Bezug zur Landwirtschaft, wenn dies nicht Teil des Berufes oder Hobbys ist. Es ist essenziell, dass der Verbraucher, die Bevölkerung, wieder aktiver mit eingebunden wird. Dies passiert teils auch schon, weil wir sehr oft informierten Konsumenten begegnen, bei denen das Verlangen nach transparenter Information groß genug ist, um sich einen Teil der Kontrolle zurückzufragen. Es wird mehr Platz für neue Ideen und altes Wissen geschaffen. Das intergenerationelle Wissen in Bezug auf Konservierung und Anbau blüht neu auf. Dies ist sicherlich bedingt durch die Klimakrise und die damit verbundene Dringlichkeit, unser Konsumverhalten weit oberhalb des Einzelverbrauchers neu zu überdenken.

Somit entstehen neue Forderungen von unten herauf, wenn diese laut genug werden, gibt es Antworten. Hoffentlich in Form neuer Industrie Standards, die besser auf die natürlichen Gegebenheiten des Lebensmittelmarktes ausgelegt sind.

Wird sich in Ihren Augen die Bevölkerung bewusster ernähren? Was muss passieren, damit sich die Bevölkerung in den nächsten 10 Jahren bewusster ernährt?

Um sich bewusster ernähren zu können, müssen wir erstmal ein Bewusstsein schaffen. Im Vordergrund steht bewusst, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Das bedarf Aufklärung, am besten wäre es, wenn wir dieses Wissen schon im frühen Alter kommunizieren und einen Bezug zu Lebensmitteln schaffen. Natürlich geht das notwendige Wissen darüber hinaus, angewandte Begrifflichkeiten müssen richtig verstanden werden. Was heißt regional, saisonal, zero waste?

Neben dem Informationszugang muss auch Zugang zu Lösungen geschaffen werden, damit das Gelernte umgesetzt werden kann – und zwar möglichst einfach. Da gibt es nicht eine Lösung, die für jeden passt. Wir brauchen eine Umstrukturierung des Marktes und ein Umdenken in unserem Konsumverhalten. Erst wenn dies passiert, haben wir eine Chance, dass sich das Verhalten der Bevölkerung signifikant und großflächig ändert.

 

Lebensmittelverschwendung in Luxemburg

Erklären sie in 5 # Hashtacks das Problem der Lebensmittelverschwendung in Ihren Augen.

#schönheitsideal #bewusstsein #zugang #überschuss #liegengelassen

Wie groß, ist in Ihren Augen das Problem Food Waste in Luxemburg?

Luxemburg hat ein allgemeines Überangebot an Lebensmitteln, was bedeutet, dass wir mehr Lebensmittel im Angebot haben, als wir verbrauchen können. Eine unmittelbare Folge ist eine erhöhte Abfallmenge. Diese wird nicht unbedingt durch Abfallregulierungsgesetze begrenzt, da im Gegensatz zur landläufigen Meinung der Großteil der Abfälle nicht auf der Einzelhandels Ebene entsteht. Strenge Normen und falsche Qualitätsstandards führen bereits in sehr frühen Stadien der Produktion zu Abfall. Ohne Angst vor Lebensmittelknappheit kommen diese Produkte gar nicht erst auf den Markt. Auf der anderen Seite finden wir auch auf der Ebene der Endverbraucher einen hohen Anteil an Lebensmittelabfällen. Dies kann oft auf systematisches „over buying“ zurückgeführt werden.

Wird in Ihren Augen genug gegen das Problem Food Waste getan? Wenn nein, wie kann mehr dagegen getan werden?

Es gibt sicherlich vereinzelt tolle Initiativen und Praxen, die dem Phänomen Food Waste entgegensteuern. Ein immer mehr verbreitetes Konzept ist der Schnellverkauf – reduzierte Ware, die bald abläuft. Dies unterstützt den Markt und die Bevölkerung dabei, Lebensmittelüberschuss zu vermeiden und verhindert, dass er zu Abfall wird. Hier wäre es jedoch sinnvoller, das Mindesthaltbarkeitsdatum komplett zu überdenken. Dabei würden wir die Ursache anstatt der Symptomatik bekämpfen.

Zugleich braucht es mehr öffentliche Unterstützung für neue Projekte im Bereich der sozialen Innovation – auch und vor allem im Lebensmittelbereich. Essen ist ein Grundrecht und es soll auch als solches behandelt werden. Übermäßiger finanzieller Profit ist nicht angebracht, dies erschwert oft den Nachhaltigen Erfolg hilfreicher Initiativen am Markt.

Es ist auch wichtig, dass wir gutes Verhalten loben und nicht nur unangebrachte Praxen bestrafen. Dies muss in alle Richtungen passieren. Unternehmen können ihre Kunden dazu motivieren, bewusster und nachhaltiger zu handeln und andersrum! Sicherlich bedarf es auch hier einer Governance, die den Rahmen vor gibt.

Was wünschen Sie sich, was jeder Konsument über Lebensmittelreste/Lebensmittelverschwendung wüsste?

Es gibt ein paar essenzielle Informationen, die notwendig sind, um als Konsument bewusste Entscheidungen treffen zu können. Es gibt jedoch zwei Informationen, die vieles umfassen.
Packungsinformationen richtig verstehen, insbesondere bei dem Verzehrdatum. Sehr oft gibt es Missverständnisse bei dem Mindesthaltbarkeitsdatum. Diese Bezeichnung ist keineswegs einem Verfallsdatum gleichzustellen. Bei dem Mindesthaltbarkeitsdatum handelt es sich lediglich um eine Empfehlung des Herstellers, die ohne gesundheitliche Bedenken übergangen werden kann.

Bevor es zum Lebensmittelabfall kommt, haben wir Lebensmittelüberschuss. Oft ist das, was wir als Abfall bezeichnen, noch aufzufangen, da wir in Wirklichkeit von Überschuss reden. Hier kann insbesondere die Bevölkerung aktiv präventive Maßnahmen ergreifen – entdecke den Überschuss, bevor er zum Abfall wird!

 

Ihre Vision

Wie sieht in Ihren Augen optimale/gesunde Ernährung aus?

Gesunde Ernährung wird meist noch als Diät verstanden, bei der Micros, Macros und KCAL im Vordergrund stehen. Wir müssen darüber hinweg denken und auch an “Planetary Health” denken. Auch hier gibt es nicht die eine Lösung, sondern viele unterschiedliche Philosophien, die zu einer individuellen Lösung beisteuern können. Hier geht es darum, Deine persönlichen Bedürfnisse in einem Ressourcen freundlichen Rahmen abzudecken. Auch wenn es hierbei häufiger zu Herausforderungen kommt, ist es wichtig einen Weg zu finden, der einen langfristigen Unterschied in der Ernährung macht.

Haben sie Tipps um Lebensmittelreste zu vermeiden?

  • Kaufe nicht zu viel!
  • Kontrolliere die Verpackungsinformation auf Datum und Aufbewahrungsrichtlinien
  • Erkunde deinen Kühlschrank, insbesondere die Schubladen und Fächer – suche Dir Rezepte anhand der vorhandenen Produkte aus
  • Bewahre deine frischen Lebensmittel und Reste richtig auf
  • Verarbeite deine Reste, es muss nicht immer gleich am folge Tag passieren
  • Wenn es doch mal zu Abfall kommt, entsorge Deine Lebensmittel im Kompost und nicht im Restmüll.

 

Vielen Dank für das Interview

Weitere Informationen zu on.perfekt finden sie unter:

on.perfekt Buttek | on.perfekt | Lëtzebuerg (onperfekt.lu)