Lebensmittelverschwendung

Laut FAO werden 30% der weltweit produzierten Lebensmittel zu Abfall. Das bedeutet ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Flächen werden unnötig bewirtschaftet. Aus ökonomischen, sozialen und ökologischen Gründen ist dieser Umstand unhaltbar. Damit Verbesserungsvorschläge wirklich greifen, müssen Ursachen und Wirkungen analysiert werden und die Zusammenhänge des Umweltproblems Lebensmittelverschwendung verstanden sein. Food Waste, oder Lebensmittelabfall kann in zwei Gruppen unterteilt werden, in vermeidbare und unvermeidbare Abfälle. Vermeidbarer Abfall fällt an, wenn Produkte Handels- oder Schönheitsnormen nicht entsprechen oder durch Transportschäden und falsche Lagerung nicht mehr zum Verkauf angeboten werden können. Oft werden diese Handelsnormen vom Markt strenger ausgelegt als es das Gesetz fordert. Essenswaren, die unter vermeidbaren Abfall fallen, weisen keine gesundheitlichen Mängel auf und könnten noch verzehrt werden. Wohingegen beim unvermeidbaren Abfall, die Ware z.B. verdorben ist und somit zu „echtem“ Abfall wird.

Hauptverursacher der Lebensmittelverschwendung sind mit 60% die Privathaushalte, der größte Anteil dieses Abfalls machen Obst und Gemüse aus. Deutlich besser schneiden die übrigen Bereiche der Wertschöpfungskette ab, die landwirtschaftliche Erzeugung schlägt mit 2 % zu Buche, der Handel mit 7 %. Es lohnt sich aber ein kritischer Blick auf die Details. Nicht alle Verschwendungen und Verluste gehen in die Berechnungen mit ein. In der Landwirtschaft ist der reale Lebensmittelverlust höher, da nicht geerntetes überreifes Obst oder Gemüse nicht als fertiges Produkt gilt und somit auch nicht zu Lebensmittelabfall wird. Die Energie-, Wasser-, Arbeits- und Umweltkosten sind aber bereits angefallen. Der Handel nimmt als Drehpunkt zwischen Landwirtschaft und Konsumenten eine wichtige Rolle in der Lebensmittelverschwendung ein. Er beeinflusst maßgeblich das Ausmaß an Food Waste in den vor- und nachgelagerten Bereichen. Basierend auf den Daten von Schmidt et al. 2019 lässt sich zudem errechnen, dass der prozentuale Anteil vermeidbarer Lebensmittelabfälle im Handel mit 84 % deutlich höher ausfällt als in den Privathaushalten mit „nur“ knapp 44 % (Jahnke B., 2023).

Lebensmittelabfälle (2015) und deren vermeidbare Anteile in Deutschland (1.000 t/a). Quelle: Thünen Report 71, Schmidt et al. 2019.

Diese Zahlen sind für Luxemburg nicht eins zu eins übertragbar, zumal die Landwirtschaft hierzulande wenig zur humanen Lebensmittelproduktion v.a. Obst und Gemüse beiträgt. Das Problem Food Waste ist aber in Luxemburg nicht weniger akut. Die Menge der Lebensmittelabfälle pro Jahr und Einwohner beziffern sich auf 147 kg, in Deutschland sind es „nur“ 78 kg. Auch die Mechanismen, die zur Lebensmittelverschwendung führen, sind in Luxemburg identisch, somit sind auch die Lösungsansätze anwendbar.

Umweltbildung in Kindergärten und Schulen oder Initiativen wie „Fridays for future“ beeinflussen das Umweltbewusstsein. Langfristig kann so der Umgang mit Lebensmitteln verbessert werden. Doch das Ergebnis der Studie „Systematische Erfassung von Lebensmittelabfällen der privaten Haushalte in Deutschland“, im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erstaunt. Hieraus geht hervor: Je jünger der Haushaltsvorstand, desto mehr potenziell verwertbare Lebensmittel werden weggeworfen. Haushalte mit älteren Personen werfen tendenziell weniger weg. Unser Verhalten wird eben nicht nur von unserem Bewusstsein gesteuert. Meinungen und Normen des Umfeldes sind ebenfalls ein stark prägender Motor für das eigene Verhaltensmuster. Einflüsse und Wirkungen von Verhalten werden untereinander bewertet und abgewägt, ist der subjektiv geschätzte notwendige Aufwand zur Umsetzung der Option zu hoch, wird die weniger umweltschonende Alternative gewählt.

Rezepte gegen diese Hemmnisse sind Aufklärungskampagnen zur guten Lagerung der Waren, Erklärungen zum besseren Verständnis des Mindesthaltbarkeitsdatums, einfache Rezepte zur Resteverwertung, Best-Practice Methoden, das Erlernen von Kochkompetenzen und Techniken im Umgang mit Lebensmitteln, Verkostungen von unschönem Obst und Gemüse, um Voreinnahmen abzubauen, usw. Diese praxisrelevanten Werkzeuge zeigen langfristig anhaltende Verhaltensmusteränderungen und stärken unser Selbstbewusstsein. Wir merken, dass wir etwas verändern können, unsere Motivation weiterzumachen steigt. Es fällt uns leichter unsere Angewohnheiten zu ändern, und wir senken ohne Mehraufwand unsere Abfallmenge. Diese Kampagnen sollten von staatlicher Seite und privaten Vereinen unterstützt werden, um die Akzeptanz zu steigern. Dabei kommt der Kommunikation eine besondere Wichtigkeit zu und sollte zielgerichtet an die verschiedenen Altersgruppen angepasst sein, denn die Verhaltensmuster sind altersspezifisch. Auch die Mitgliedschaft in SOLAWI-Projekten erhöht die Wertschätzung für Lebensmittel. Zudem wird bei der Direktvermarktung, die meistgewählte Vermarktungsform in SOLAWI-Projekten, die Wertschöpfungskette verkürzt und Lebensmittelverluste reduziert. Handelsnormen können im kleinen Kreis und durch die Nähe der Produzenten am Konsumenten leichter gelockert werden (Jahnke B, 2023).

Der gesellschaftliche Bewusstseinswandel basiert auf individueller, freiwilliger Veränderungsbereitschaft und ist ein eher langwieriger Prozess. Im Handel hingegen sind die Spielräume zwar etwas kleiner, der Impakt darum aber umso größer und kurzfristiger, denn der Handel erreicht täglich tausende von Konsumenten. Die Politik gibt die richtungsweisende Orientierung vor und untermauert die gesellschaftliche Norm. Lösungsvorschläge und Stellschrauben zur Lebensmittelreduzierung sollten an alle drei Akteure gerichtet sein, denn es handelt sich um ein globales Problem, welches nur im Zusammenspiel Aller gemeistert werden kann.

Als Tipp für das kommende Jahr Lebensmittelverschwendungen zu vermeiden: den Einkauf genau planen, Mengen richtig einschätzen, und sich nicht von Maxi-Packs oder 3+1-Angeboten ablenken lassen. Sonst können schnell aus vermeidbaren, unvermeidbare Abfällen werden. Dies schont den Geldbeutel, und reduziert die Hausmüllrechnung obendrein.

 

Literatur:

  • Jahnke B (2023): Wie der Herausforderung Food Waste begegnen? Ernährungsumschau; 70(8): M500–8.
  • Schmidt T, Schneider F, Leverenz D, Hafner G (2019) Lebensmittelabfälle in Deutschland – Baseline 2015. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 103 p, Thünen Rep 71, DOI:10.3220/REP1563519883000